Windklimatologie

Windsack auf Forschungsplattform FINO 1
© BMWi/Holger Vonderlind
Windklimatologie

Die Wirtschaftlichkeit von Windenergieprojekten ist auf hoher See ebenso wie an Land abhängig von den Windgeschwindigkeiten am Standort. Nord- und Ostsee bieten im Vergleich zum Festland aufgrund fehlender Hindernisse in der Landschaft relativ konstante Windbedingungen bei Windgeschwindigkeiten um die Marke von 10m/s.

Windklimatologie Nordsee

Die Windgeschwindigkeiten und Windrichtungen über der Nordsee sind im Wesentlichen durch die sogenannte Westwindzone beeinflusst, in deren Einflussbereich sich die Nordsee befindet. Dabei handelt es sich um ein den Globus im Bereich zwischen etwa 40° und 60° nördlicher bzw. südlicher Breite umspannendes mäandrierendes Windsystem, das Teil der planetarischen Zirkulation ist. Typisch für die Witterung im Bereich der Westwindzone ist ein relativ gemäßigtes feuchtes Klima, in dem häufig von West nach Ost ziehende Tiefdruckgebiete das Wettergeschehen bestimmen.

Im Zuge der bisherigen Planungen von Offshore-Projekten in der Nordsee wurden bereits umfassende windklimatologische Analysen vorgenommen. Dazu wurde zunächst die Forschungsplattform FINO I installiert, die seit 2003 windklimatologische Parameter in verschiedenen Höhen bis zu max. 100 m aufzeichnet. Die Auswertung der Daten hat gezeigt, dass die Hauptwindrichtung Südwest ist und zwischen 210° und 240° liegt. Die durchschnittliche Windgeschwindigkeit zwischen 2004 und 2008 in einer Höhe von 100 Metern betrug 10 m/s bzw. 36 km/h. Auch die Ergebnisse der Windmessungen der zweiten Forschungsplattform in der Nordsee FINO III zeigen Windgeschwindigkeiten in einer ähnlichen Größe und Verteilung wie am Standort von FINO I.

Windklimatologie Ostsee

Der Teil der Ostsee vor der Küste Deutschlands befindet sich wie die deutsche Nordseeküste in der gemäßigten Klimazone. Die Windbedingungen sind im Gegensatz zur Nordsee im Ostseeraum deutlich stärker von den umliegenden Landmassen beeinflusst. Die Hauptwindrichtung über der Ostsee ist bedingt durch den Einflussbereich der Westwindzone ebenfalls Südwesten. Eine klimatologische Besonderheit der Ostsee ist, dass sie fast vollständig vereisen kann, da sie durch die umgebenden Landmassen einem überwiegend kontinentalen Klima ausgesetzt ist.

Die wesentlichen windklimatologischen Untersuchungen in der Ostsee in Bezug auf die Nutzung der Offshore-Windenergie werden auf der Forschungsplattform FINO II vorgenommen, welche im Juni 2007 errichtet wurde. Im ersten Betriebszeitraum bis Ende 2007 wurden an der Plattform in 100m Höhe durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 9,7m/s ermittelt. Damit lag der durchschnittliche Wert nur wenig unter dem Durchschnittswert von FINO I in der Nordsee. Die maximale an FINO II gemessene Windgeschwindigkeit im 10-Minuten-Mittel betrug 26,5m/s.

Bedeutung der Windklimatologie

Für den wirtschaftlichen Betrieb von Windenergieanlagen sind ausreichende Kenntnisse über die Windverhältnisse an den potenziellen Standorten unabdingbar. Als Grundlage für ein windklimatologisches Profil dienen meteorologische Messungen zur Erfassung von beispielsweise Windgeschwindigkeit und Windrichtung. Windklimatologische Untersuchungen dienen unter anderem zur Erstellung von Windkarten für bestimmte Regionen. Das Wissen um die windklimatologischen Bedingungen in Nord- und Ostsee stellt somit einen zentralen Faktor bei der Planung und Umsetzung von Offshore-Windparks dar.

Eine wichtige Kenngröße bildet dabei die durchschnittliche Jahreswindgeschwindigkeit. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Fokussierung auf einen Durchschnittswert zur Beurteilung eines Windparkstandortes nicht ausreichend ist. Da die Windgeschwindigkeit mit der dritten Potenz in die Leistung einer Windenergieanlage eingeht, führen vergleichsweise geringe Änderungen der Windstärke zu überproportionalen Unterschieden in der momentanen Leistung der Anlage und damit auch der Stromproduktion. Aus diesem Grund haben Daten über die statistische Verteilung der Windgeschwindigkeiten an einem Standort aus windklimatologischer Sicht eine hohe Bedeutung für die Beurteilung von Standorten.

So kann beispielsweise ein Standort mit einer geringeren durchschnittlichen Windgeschwindigkeit eine höhere Leistungsabgabe aufweisen, wenn der Standort dafür in Starkwindzeiten höhere Spitzenwindgeschwindigkeiten aufweist. Folglich stellt die Analyse der Windverhältnisse vor der Realisierung eines Windparks eine wichtige Phase im Rahmen der Projektplanung dar. Dies ist bei Offshore-Standorten aufgrund der rauen Witterungsbedingungen jedoch deutlich schwieriger umzusetzen als an Land.